15 April 2007

Samenkörbchen...


(...)Eine Arbeit jedoch, war wohl noch etwas mehr mit Freude erfüllt als die übrigen. Das war die Gartenarbeit. Die milde Frühjahrsonne lockte meine Großmutter bald in die Gärten. Der eine Garten lag näher am Haus, und hieß „neues Gärtel“ In diesem konnte man Salat ernten und später Buschbohnen und frühe Möhren und Erbsen. Da gab es auch die lustigen Schnittlauchköpfe und Sellerie und Petersilie.
Mitten in der Obstbaumwiese, weiter ab vom Haus aber war „der Alte Garten“ Diesen habe ich als Kind schon geliebt, alle Welt war außerhalb sobald ich diesen Gartenbetrat. Und so ist es auch noch heute.
Das Tor zu diesem Zaubergarten öffnete sich mit einem singenden Geräusch und man stand auf dem breiten Mittelweg der den Garten teilte. Gleich der erste Schritt war ein duftendes Erlebnis. Denn auf der einen Seite wucherte der echte Pfefferminz als Begleiter der alten Beerenobststräucher. Nach den Vergissmeinnicht im Frühjahr blühte im Frühsommer auf der anderen Seite ein großer Busch weißer Margariten zusammen mit den unvergleichlich duftenden Bartnelken und dem strahlend gelben Goldlack. Ich glaube diesen Garten hat meine Oma auch etwas mehr gemocht als den anderen. Etwas weiter weg vom Haus, durch Rufen nicht zu erreichen, bedeutete dies auch ein Rückzug für sie, den sie sehr genossen hat. Das niedliche runde Samenkörbchen in der einen und Harke und Rechen in der anderen Hand, betrat sie diesen Kraftort und schloss die Pforte. Ich sah ihr zu, und durfte alles probieren was ich mochte. Bald kannte ich die verschiedenen duftenden Kräuter wie auch die von ihr belächelten „Unkräuter“. Ich steckte die Zwiebelchen und säte den Spinat. Dabei hörte ich den Geschichten über mystische Heilkräuter und alte Gemüsesorten. Diese heitere Art, mir meine Gartenerfahrungen so zu lassen wie ich sie erfuhr machte mich neugierig, gelehrig und immer eifriger.
Die tiefe Verbundenheit mit dieser guten Erde ist eines meiner wertvollsten Geschenke das ich damals erhalten habe, und von dem ich auch heute noch meine Kraft schöpfe.
aus: Lebenszeiten

Liebste Sonnengrüße
a presto
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