Gartensport und Reiselust
Wer einen Garten hat braucht weder Fitnessstudio noch Urlaub.
Dr.Fritz Neuhauser
Mein Garten und der Sport...
Vorhin liefen drei Frauen schwatzend und schwitzend an meiner hohen Hainbuchenhecke entlang, während ich mit Hecken- und Handschere bewaffnet dabei war diese in eine umgänglichere, sprich, schmälere und etwas niedrigere Form zu bringen. Die Frauen waren auch bewaffnet, aber nicht mit diversen Scheren, sondern mit „Stecken“,wie ich es nenne, in Neudeutsch: Nordic Walking (Gehhilfen?) Leider ist mir der Begriff für die „Stecken“ nicht geläufig. Ich nickte der sportlichen Riege freundlich( frech...?) lächelnd zu und dachte in dem Moment an zwei Dinge: Zum einen an ein Rätsel der Sphinx, das mir beim allerersten etwas zwiespältigen Zuschauen dieser Bewegungsart einfiel und das nur Ödipus richtig lösen konnte,zum anderen an „meinem Sport“, der sich aus den vielfältigsten Gartenarbeiten zusammensetzt, und zumindest bislang zum größten Teil, abgesehen von einer Hand voll altüberlieferten Ritualen, für meine Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer verantwortlich ist. Ein aufmerksamer Leser wird jetzt bemerken, dass ich eher geneigt bin „Sport“ als körperliche Arbeit anzusehen, die sich Dank ihrer unterschiedlichen Art sinnvoll, intensiv und befriedigend auf Körper und Seele auswirken kann. Ich denke da an meine frisch geschnittene Hecke, die fein in Form gebrachte Buchsbäume, welche auch noch die ganz kreative Ader in den Armen und Händen herausfordern oder an das vom „Unkraut“ befreite Buschbohnenbeet das von Kürbisranken umarmt war.
Ebenso an einen mannshohen Haufen der Samenstände des Gelben Mohns und der Akeleien, die ich mit unbändiger Kraft, gewürzt mit etwas Wut, wenn sich diese zu widerspenstig gebärdeten, mit den Händen ausgerissen oder sorgfältig überm Erdboden abgeschnitten habe.
Vielleicht bleiben mir die süßen Wonnen, die absolut schweißnasse Befriedigung einer Joggingrunde durch die Wälder, die Leichtigkeit des Gehens mit 2 Sportgeräten in den Händen und noch so einige andere absolut "Fitness" verheißende Köstlichkeiten für immer unzugänglich, weil ich durch meine verhexte Gartenleidenschaft nicht den geringsten Wunsch danach verspüre. So hat dann jeder was er braucht, was ihm hilft und was Freude macht. Ich den Garten als Fitnessstudio das duftet, blüht und gut schmecken kann und Andere die Hanteln, die Skier und die Rennräder...
Mein Garten und der Urlaub...
Gerade war ich mal einige Tage verreist und schon schlagen die wilden Bewohner meiner Gartenwelt arg über die Stränge. Was ich dann tue habe ich gerade im sportlichen Teil der Ausgabe beschrieben. Sozusagen mache ich meine eingerosteten Knochen nach einem Urlaub vom Garten im Garten wieder gängig. Nein, das ist nun nicht ganz ernst gemeint, aber ein wenig stimmt es schon, dass ein Garten in Abwesenheit des Gärtners schon mal macht was er will, ungebremst wächst und blüht und sogar innige Umarmungen sind dann nicht gerade selten zu beobachten, kaum dass der heimgekehrte Gärtner mit offenen Augen durch den Garten läuft. Bei mir waren es die Winden und die Kürbisse die sich schrecklich benahmen.
Aber deswegen auf das Reisen verzichten? Nein, das wäre schade, denn dann würden mir zwei ganz wesentliche Erfahrungen fehlen. Einerseits das spannende Abenteuer, welches eine Reise mit sich bringt, neue Eindrücke und Begegnungen.Eine große Stadt kennen zu lernen bedeutet für mich nicht nur das kulturelle Angebot zu genießen sondern auch die Parks und die Gärten anzuschauen, denn sie sind mir die gesprächigsten Zeugen der Vergangenheit und der Gegenwart.
Dann aber, und dies ist genau so spannend wie die vorangegangene Reise, das Wiedersehen mit dem innigstvertrauten Garten, der sich in dieser Zeit genau so weiter entwickelt und verwandelt haben mag wie ich selbst.
Diese Auszeit empfinde ich als Erneuerungsprozess für mein Verhältniss zum Garten. Ja, es ist ähnlich wie bei einer Beziehung, die alleine gelassen neue Sehnsucht schürt.
Als Resümee für den Eingangs zitierten Ausspruch: „Wer einen Garten hat braucht weder Fitnessstudio noch Urlaub“, möchte ich für mich ganz klar bekennen: „Weil ich einen Garten habe brauche ich kein Fitnessstudio aber ich brauche das Abenteuer des Reisens, die Entdeckung des Unbekannten, als Inspiration für mein geerdetes sportliches Dasein im Garten selbst.“
Da kommt mir noch so ein Zitat in den Sinn über das es sich lohnt ganz individuell darüber nachzusinnen. Es wird Marcus Tullius Cicero zugeschrieben, der mich mit seinen fein ausgefeilten, begnadeten Reden vor dem römischen Gerichtshof, die ja zum großen Teil nachzulesen sind, immer mehr in seinen Bann zieht. „Wenn du ein Gärtchen hast und eine Bibliothek wird dir nichts fehlen“, ich muss lächeln, da ich mir sehr gut seine Lebenssituation vorzustellen vermag die ihn wohl zu dieser Aussage bewogen hat.
Aber immerhin: Ein Gärtchen und eine Bibliothek... das ist doch schon ein gewichtiges Stückchen aus der ganzen Vielfalt die Leben heißt.
Liebe Freitagabendgrüße
a presto
m
PS. Ich mag Rätsel! Nicht nur das der Sphinx sondern gerne auch lustige Gartenrätsel: Welche Pflanze blüht auf dem Foto?